Der Mann, der Luft zum Frühstück aß : Erzählung

Knapp, Radek, 2017
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Medienart Buch
ISBN 978-3-552-06336-5
Verfasser Knapp, Radek Wikipedia
Systematik DR - Romane, Erzählungen, Novellen
Schlagworte Kindheit
Verlag Deuticke
Ort Wien
Jahr 2017
Umfang 122 S.
Altersbeschränkung keine
Sprache deutsch
Verfasserangabe Radek Knapp
Annotation Quelle: bn.bibliotheksnachrichten (http://www.biblio.at/literatur/bn/index.html);
Autor: Sabine Krutter;
Pfiffige Geschichte über das unfreiwillige Ankommen und die Suche nach einer Heimat. (DR)
Wer Knapps Bestseller "Herrn Kukas Empfehlungen" (1999) gern gelesen hat, wird in dieser Erzählung sehr oft daran erinnert. Kein Wunder, es geht wieder darum, wie ein polnischer Migrant versucht, in Wien sein Zuhause zu finden - diesmal mit einer bizarren Mutter-Sohn-Beziehung als Ausgangspunkt. Die Mutter, "unberechenbar wie eine nordkoreanische Atombombe" (S. 8), entführt ihren Sohn Walerian, der seinen Vornamen einem Beruhigungsmittel verdankt, nach Wien und damit in einen für ihn völlig "falschen Film" (S. 68). Mit Hilfe eines wohlwollenden Chemielehrers und Asterix lernt der Zwölfjährige im B-Zug der Hauptschule die deutsche Sprache und schwänzt anschließend zwei Jahre lang die Handelsakademie, bis ihn seine Mutter auf die Straße setzt und er in einer winzigen Substandardwohnung unterkommt. Von diversen Gelegenheitsjobs arbeitet sich Walerian bis zum Heizungsableser der Stadt Wien hoch - eine wahre Fundgrube für sein "Soziologiestudium" direkt an den Wiener Bürgern. Mit aus unterschiedlichen Gründen gut dotiertem Job und neuer Wohnung kann Walerian nun getrost sein nächstes Ziel ins Auge fassen: die holde Weiblichkeit ...
Eine Schelmengeschichte mit treffsicherem Witz und ironischem Blick auf Wien und seine Bewohner - der polnisch-österreichische Schriftsteller ist einmal mehr ganz in seinem Element! Eine Bereicherung für alle Bestände.

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Quelle: LHW.Lesen.Hören.Wissen (http://www.provinz.bz.it/kulturabteilung/bibliotheken/320.asp);
Autor: Margot Schwienbacher;
Claude Monet hat zahlreiche Variationen von Seerosen gemalt, Radek Knapp schreibt immer neue Variationen seines Hauptthemas: Wie wird aus einer unfreiwilligen Migration ein "Zuhause"? Und wie findet man (zu) sich selbst?
Walerian - von seiner Mutter nach den Beruhigungstropfen genannt, die ihr seine Geburt erleichterten - kommt als 12jähriger aus Polen nach Wien. Die Schulkarriere beendet er durch seinen provozierten Rauswurf aus der Handelsakademie. Der engen Bindung an die Mutter entgeht er durch den Auszug in die erste eigene, von Schimmelpilzen heimgesuchte Kleinstwohnung. Als Heizungsableser lernt er die Tiefen - und Untiefen - der Wiener Seele kennen. Bis er jedoch mit seiner eigenen Seele ins Gleichgewicht kommt, braucht es skurrile Begegnungen mit exaltierten Bankern, mit redegewandten Hobby-Poeten im Exilanten-Verein, mit einem lebensmüden Möchte-gern-Selbstmörder. Und natürlich mit der Liebe.

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Quelle: Pool Feuilleton;
Wenn etwas an der Oberfläche glatt und verlogen ist, muss man das Botox eben unterirdisch spritzen in Gestalt von Groteske und Anarchie.
Radek Knapp schickt seinen Ich-Erzähler zu einer Rosskur nach Österreich. Der zwölfjährige Walerian wird von seiner Mutter in ein Migrationsprogramm gesteckt. Sie reisen von Warschau an und landen an einem Feld hinter einem Schranken, das da drüben ist Österreich.
Für den Helden und Ich-Erzähler beginnt in Wien das Leben bei Null, aber die erste Lektion tut sich sofort auf: Man lernt auf dem Weg zur Schule und nicht in der Schule. Und außerdem sind sich nicht einmal die Einheimischen über ihre eigene Sprache im Klaren, so kann ein Schragen in der einen Montagehalle etwas anderes bedeuten als in der nächsten.
Der Held hat nur zwei deutsche Sätze, die er aber ununterbrochen auspackt und mit denen er fast alles erreicht, zumindest Gelächter. "Wo ist Sturmbannführer Strettke. Mein Gewehr hat eine Ladehemmung."
Richtig Schulschwänzen kann in Arbeit ausarten, Walerian treibt sich unauffällig im Kunsthistorischen Museum herum und zehrt von den Erzählungen des Großvaters, wenn dieser in einem Kriminalroman von einem Mann liest, der Luft zum Frühstück isst. (38)
Als er von der Schule fliegt, wird er auch von der Mutter auf die Straße gesetzt. Die Arbeiten klingen schöner, als sie sind. Kakao zustellen, Zettel verteilen, an der Würstelbude Würstel mit Senf präparieren
Da ist der Beruf des Heizungablesers schon eine schöne Performance auf der Karriere-Leiter nach oben. Ständig drücken ihm Hartz-Vierler einen Schein aufs Auge, wenn er die verbrauchte Energie günstig abliest. Und ein Ehepaar in Scheidung überlässt ihm gar die Wohnung, bis sie mit der Scheidung durch sind und selber wissen, wie es mit der Wohnung weitergeht.
Frauen riechen das, wenn jemand eine freie Wohnung hat, und in Kombination mit der Ladehemmung seines Gewehres ergeben sich die schönsten Liebschaften. Freilich kommt eine alte Psychose zum Vorschein, das Augenstarren. Walerian sitzt oft eine Viertelstunde vor einem Heizkörper und liest ihn mit erstarrten Augen ab.
Bei genauerem Hinsehen merkt man, dass jeder Mensch eine gewisse psychotische Erstarrung hat, denkt sich der Held und gründet für solche Fälle einen Heimatverein und punktet mit dem Satz: Die Heimat ist eine Schlampe!
Jetzt ist er aber wirklich in der neuen Heimat angekommen, zumal er sogar schon Suizidanten rettet mit dem Satz: Warte, der Sprung rennt dir nicht davon.
Er wird das jetzt alles aufschreiben, aber nicht als Kindergeschichte, sondern in echt, mit echten Erwachsenen drin. - Famos.
Helmuth Schönauer

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